Geschichte der Nordhäuser Ornithologen
Das Territorium des Landkreises Nordhausen stand bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts nie im Mittelpunkt
ornithologischer Forschung.
Eine systematische und kontinuierliche Beobachtertätigkeit setzte erst in den letzten
60 Jahren ein. Frühere Daten sind oft spärlich überliefert und bieten selten konkrete Angaben zu einzelnen
Vogelarten.
Erste Angaben zu einer Reihe heimischer Vogelarten stammen von Ludwig BESTHORN (1833-1921), siehe Bild 01.
Die Nennung von typischen und beson-deren Arten des Kohnsteins bei Nordhausen und der angrenzenden Gebiete aus
der Zeit um 1875 ermög-licht bereits einen kleinen Einblick in die damalige Vogelwelt eines naturkundlich besonders
interessanten Gebietes. Für die Wipperniederung und die angren-zenden Muschelkalkgebiete zählt Friedrich KRÖNIG
(1845-1915), Niedergebra, eine Reihe bemerkens-werter Vogelarten auf und bezieht historische Angaben ein.
Seine Anmer-kung, dass "... unsere Heimat weit reicher an Vogelarten ist, als man gewöhnlich denkt; nur die
Beobachter fehlen...", beschreibt treffend die damalige Situation in der Erforschung der heimischen Vogelwelt.
Sporadische Angaben zu einzelnen Vogelarten nennt der Nordhäuser Heimatforscher Arthur PETRY (1858-1932), auf den
sich auch Walter BORCHERT (1888-1971) in seiner Avifauna bezieht, obwohl er selbst nie im Gebiet beobachtet hat
und als einzigen Gewährsmann PETRY zitiert.
Die Verbreitung und historische Siedlungsentwicklung von bemerkens-werten Vogelarten in der Umgebung Nordhausens
beschreibt der Lehrer und Naturforscher Kurt WEIN (1883-1968), wobei erstmals Erwähnungen aus nahezu allen Teilen
des jetzigen Kreisgebietes erfolgen. Die frühesten verlässlichen avifaunistischen Daten zu einer größeren Anzahl
von Vogelarten stammen von Hermann MÜLLER (1891-1984), Badra. Herbert RINGLEBEN (1912-1999), der von August 1928
bis März 1931 in Roßla wohnte, schloss neben zahlreichen eigenen Beobachtungen in der Goldenen Aue auch Angaben
von Gewährsleuten aus der näheren Umgebung in seine Arbeit ein.
Nach dem 2. Weltkrieg fanden sich einige Nordhäuser Heimatfreunde in einer Fachgruppe Ornithologie unter Leitung
von Werner LEHNERT (1906-1989) zusammen, die bis 1959 überwiegend in Nordhausen und der näheren
Umgebung beobachteten. Mitte der 1950er Jahre war es besonders der Biologielehrer Wolfgang SCHRÖDTER, Nordhausen,
der Daten aus der Goldenen Aue zusammentrug und erste systematische Erhebungen durchführte. Auf seine Initiative
wurde am 02.12.1960 eine Fachgruppe Ornithologie und Vogelschutz Nordhausen im Kulturbund der DDR ins Leben gerufen.
Ihr erster Leiter war Kurt KÖNIG (1931-1997) aus Kleinfurra, der als Falkner und später als Beringer in seinem
Heimatort tätig war. Der Fachgruppe gehörten damals an: W. SCHRÖDTER, H.-U. SEE, E. FRITZE, E. ROESCH, R.
GOTTSCHLIGG u.a. Die Zahl der Mitglieder wechselte; es waren in den vergangenen 50 Jahren durchschnittlich
10-15 aktive Ornithologen, die sich an den unterschiedlichsten Vorhaben beteiligten.
Beim Bau des Helmestausees musste die Ansiedlung Numburg bis auf zwei Gebäude aufgegeben werden. Eines davon konnte
1967 durch den besonderen Einsatz von K. KARLSTEDT, Bad Frankenhausen, S. LANGE, Badra, W. SCHULZE, Sangerhausen
und W. SCHRÖDTER, Nordhausen, übernommen und ehrenamtlich als Naturschutzstation eingerichtet werden. In den
Anfangsjahren war es die Sportlehrerin Margarete HOECHST (1903-1982), Bleicherode, die mit viel Engagement die
Nutzung der Station organisierte.
Die wissenschaftliche Vogelberingung hat in der Vergangenheit keine große Rolle gespielt. Durch K. KÖNIG, W.
SCHRÖDTER und H. GROßE, Herreden, erfolgten Beringungen meist in sporadischen Aktionen (Wendehals, Sperbergrasmücke,
Wasseramsel, Weißstorch, Schleiereule). In der Zeit 1990 bis 2006 war kein Beringer im Kreisgebiet (außer am Helmestausee)
tätig. Erst 2007 wurde durch M. WAGNER die regelmäßige und langfristige Vogel-beringung wieder aktiviert.
Seitdem werden Singvögel an den Steinbrücker Teichen, Raufußkäuze im Südharz sowie weitere Vogelarten im Rahmen
lang-fristiger Projekte beringt.
Die seit 1980 auf Initiative von J. SCHEUER zusammengestellten ornithologischen Jahres-berichte, bei denen
E. HÖPFNER ab 1988 einen Teil der Berichtserstellung übernahm, bildeten eine wertvolle Grundlage für die Herausgabe
der Avifauna für den Landkreis Nordhausen und das Helmestauseegebiet im Jahre 2003.
Bis zum Jahre 2003 arbeitete die Fachgruppe unter dem Dach des Naturschutzbundes. Am 12. April 2003 gründeten
13 Mitglieder der Fachgruppe den mittlerweile als eingetragenen und als gemeinnützig anerkannten Verein unter
dem Namen "Verein Nordhäuser Ornithologen e.V." Sein 1. Vorsitzender ist seitdem Manfred WAGNER. Die Mitgliederzahl
konnte in den folgenden Jahren weiter erhöht werden, so dass gegenwärtig 20 Mitglieder dem Verein angehören.
Die als Fachgruppe begonnenen Aktivitäten wurden weiter fortgesetzt. Einzelne Ornithologen beteiligen sich an
neuen regional oder bundesweit organisierten Projekten wie beispiels-weise an der Brutvogelkartierung ADEBAR
2005-2008 und dem Integrierten Monitoring von Singvogelarten.
Am 12.10.2022 wurde in einer Mitgliederversammlung beschlossen, den "Verein Nordhäuser Ornithologen e.V."
aufzulösen. Der Grund war, dass durch fehlenden Nachwuchs kein arbeitsfähiger Vorstand mehr gebildet werden konnte.
MANFRED WAGNER
|