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Fachgruppe Ornithologie

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Dohlen im Landkreis Nordhausen

Aus der Vergangenheit:
In den "Beiträgen zur Heimatkunde aus Stadt und Kreis Nordhausen", Heft 1 (1977) berichtet WOLFGANG SCHRÖDTER über die Situation der Dohle bis zu dieser Zeit. Demnach war sie vor dem 2. Weltkrieg ein Charaktervogel der Türme und Kirchen in Nordhausen.

Nach der Zerstörung der Stadt 1945 breitete sich die Dohle auf das Trümmergelände aus und brütete an verschiedenen Stellen. Nach 1960 verschwand sie fast vollständig aus dem Stadtbild. Letzte Bruten wurden 1972 am Petryturm und 1977 am Dom registriert. Nachweisbar ab 1968 kam es zur Bildung einer kleinen Kolonie an den Industriebauten des Anhydritwerkes bei Niedersachswerfen. Diese Kolonie umfasste in den 1970er Jahren 10 bis 20 Paare. Bereits im folgenden Jahrzehnt reduzierte sich die Größe der Kolonie auf nur noch 5 bis 8 Paare. Zwischenzeitlich bestand 1985-1987 eine weitere kleine Kolonie (4 Paare) an den Gebäuden des ehemaligen Kalischachtes in Kleinbodungen. Nach der Wende, und damit dem Abriss einiger Gebäude, verblieben nur noch 2 bis 4 Paare in Niedersachswerfen, die sich bis um das Jahr 2000 auf diesem niedrigen Bestandsniveau halten konnten.

Das Dohlenprojekt:
Ausgangspunkt für die Schaffung zusätzlicher Brutmöglichkeiten für die Dohlen war ein Nistkasten, der seit vielen Jahren bereits vom Turmfalken in der Kirche Niedersachswerfen genutzt wurde (Bild 1). Bei einer Kontrolle des Kastens am 20.05.2003 wurde ein fertiges Dohlennest gefunden (BUCHHOLZ/WAGNER). Im Streit um den Brutplatz setzte sich allerdings der Turmfalke durch. Daraufhin wurde im gleichen Jahr ein zweiter Nistkasten im Kirchturm eingebaut, der auch im folgenden Jahr von den Dohlen besetzt wurde. Die am 29.04.2004 gefundene Brut mit 5 Eiern verlief jedoch erfolglos (BUCHHOLZ/ WAGNER).

Besonders positiv auf den weiteren Verlauf des Projektes wirkte sich das Engagement von Julius CLAUß aus, der vor allem ab 2005 gemeinsam mit Herbert Buchholz zunächst in Niedersachswerfen mehrere Nistkästen an verschiedenen Standorten anbrachte. So wurden im Anhydritwerk 8, an der Schule 2 und am Bauhof 2 Kästen ein- bzw. angebaut. Die Nistkästen im Anhydritwerk und am Bauhof Niedersachswerfen blieben aber 2006 noch unbesetzt. Grund dafür war offenbar, dass die Einflugöffnungen zu groß waren. Dohlen mögen es wohl recht dunkel an dem Platz, wo das Nest gebaut wird.

Darauf hin wurden an beiden Plätzen die Einfluglöcher verkleinert (Bild 2). Schon im Jahr darauf zeigte sich, dass diese "Umbauarbeiten" ihren Zweck nicht verfehlt hatten. Im Anhydritwerk brüteten 4 Paare in den Nistkästen. In den folgenden Jahren (bis 2011) wurde die Zahl der Nistkästen an den einzelnen Standorten weiter erhöht und auch in der Agrargenossenschaft Harzungen Kästen angebracht. So standen 2011 in den beiden Ortschaften insgesamt 22 Nistmöglichkeiten für die Dohlen zur Verfügung. In Nordhausen wurde 2007 eine kleine Kolonie mit 5 bis 6 Paaren auf dem Betriebsgelände der Firma Sokratherm in der Helmestraße entdeckt.

Diese Brutplätze sind allerdings sehr schwer erreichbar, so dass Kontrollen der Bruten bisher nicht möglich waren. Der Bestand in der Kolonie hat sich in den letzten Jahren offenbar nicht wesentlich verändert. Auf Grund der gewachsenen Größe der Brutpopulation in Niedersachswerfen und Harzungen sowie des guten Bruterfolges in den Nestern kam es in 2011 zu einer ersten Ausbreitung der Dohlen im Kreisgebiet. Grundlage dafür war auch, dass in den letzten 8 Jahren in vielen Ortschaften Nistkästen für Schleiereulen und Turmfalken angebracht worden waren. In diesen Kästen konnten im letzten Jahr einzelne Dohlenbruten in Trebra, Rüxleben und Windehausen gefunden werden, so dass sich der Brutbestand im Landkreis Nordhausen auf ca. 25 bis 30 Paare erhöht hatte (Bild 3).

Begünstigt wurde diese Entwicklung vermutlich auch durch die beiden kalten und vor allem schneereichen Winter 2009 und 2010. Diese führten dazu, dass die Populationen von Turmfalke und Schleiereule stark reduziert wurden. So waren die Brutplätze für die Dohlen frei. Nachdem ich seit 2006 die Berechtigung zur Beringung besitze, wurden natürlich auch alle möglichen Brutplätze systematisch kontrolliert und die Nestlinge beringt. Dadurch war es auch möglich, den Bruterfolg der einzelnen Bruten zu ermitteln. Die unten gezeigte Grafik zeigt die Ergebnisse der letzten fünf Jahre.

In den ersten beiden Jahren, als die neuen Brutplätze besetzt wurden, kam es zu vermehrten Verlusten an Jungvögeln und ganzer Bruten. Die Gründe dafür blieben unbekannt, doch ver-mutlich waren die damals noch an den gleichen Gebäuden brütenden Turmfalken nicht völlig unbeteiligt. In den letzten drei Jahren stabilisierte sich die Situation an den Brutplätzen. Mit einem durchschnittlichen Bruterfolg von 3,23 bis 3,8 Jungen pro erfolgreiche Brut kam es zu einem weiteren Anwachsen der Brutpopulation. Außerdem kam es zu deutlich geringeren Verlusten an Bruten, wo die Ursache unklar blieb. Inzwischen waren die Turmfalken von der gewachsenen Anzahl Dohlenpaare von den Brutplätzen verdrängt. So mussten wir in 2011 "nur" den Verlust von vier Bruten im Anhydritwerk konstatieren, der eindeutig auf das Konto des Marders ging.

Beringung:
Seit Beginn der Belegung der Nistkästen wurden auch die Jungvögel aller erfolgreichen Bruten beringt. In den ersten Jahren kamen dabei häufig nur 1 bis 3 Nestlinge zum Ausfliegen. Üblicherweise fallen die Beringungsaktionen in den Zeitraum vom 20. bis 31. Mai. Nur 2007 gab es eine sehr frühe Brut, bei der bereits am 04. Mai die Jungen beringt werden konnten. Hier begannen die Dohlen offenbar schon in den letzten Märztagen mit dem Brutgeschäft. In den letzten fünf Jahren konnten insgesamt 154 Nestlinge beringt werden. Seit 2009 hat sich der Bruterfolg stabilisiert, so dass meist 3 bis 4 Junge pro Brut beringt werden konnten. Bei den bisher 46 erfolgreichen Bruten erreichten 1x1, 4x2, 17x3, 21x4 und 2x5 Junge (Ø 3,35 juv./erfolgreiche Brut) ein beringungsfähiges Alter. Die Entwicklung der Beringungszahlen zeigt das unten stehende Diagramm. Dabei hätte das Ergebnis für 2011 noch deutlich besser ausfallen können, wenn nicht 4 Bruten dem Marder zum Opfer gefallen wären.



Resümee:
Nicht ohne Grund wurde die Dohle zum Vogel des Jahres 2012 ausgewählt. Im Landkreis Nordhausen zeigte sich sehr deutlich, wie notwendig die Hilfe für diese Art war. Mit viel Engagement über mehrere Jahre ist es gelungen, den negativen Trend ins Gegenteil (zumindest auf regionaler Ebene) umzuwandeln. Die erzielten Erfolge bei der Erhöhung des Brutbestandes und des Bruterfolges sind Anlass genug, auf diesem Wege weiter zu gehen. Die Erweiterung des Brutplatzangebotes ist dabei nicht nur geplant, sondern zwischenzeitlich bereits in die Tat umgesetzt.




MANFRED WAGNER



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